Kids4Peace

kids4peaceFriedenspfadfinder unterwegs

 

Wir sind am Freitag 15.12.00 nach Wegberg gefahren. Als wir nachher in Wegberg waren, sind mussten wir zur Jugendherberge wandern. Später haben wir unsere Zimmer bezogen, danach haben wir noch eine Nachtwanderung durch den Wald gemacht. Am nächsten Morgen sind wir um 7.30 Uhr aufgestanden und haben um 8.00 Uhr gefrühstückt. Später am Morgen haben wir ein Spiel gespielt, wo kaum mehr auf die Regeln geachtet worden ist. Danach haben wir uns im Aufenthaltsraum versammelt und über Gewalt gesprochen. Außerdem haben wir den stärksten Juffi gesucht und gefunden. Am nächsten Tag haben wir das Friedenslicht geholt und sind damit nach Rheydt gefahren.

— Tim Bernau, Nicolas vom Berg, Christoph Richter,

Jungpfadfinder vom DPSG Stamm Scheuburg, Mönchengladbach-Rheydt

Ein Wochenende zur Friedenserziehung sollte es werden – wir kombinierten die „Aktion Friedenslicht aus Bethlehem“ mit einem Deeskalationstraining. Das Motto: „Kids4peace“. Mit 17 Jungpfadfindern und 3 Leitern sind wir vom 15. bis 17. Dezember 2000 ins Haus St. Georg, dem Pfadfinderhaus des DPSG Diözesanverbandes Aachen, nach Wegberg gefahren.

Sensibilisieren
Freitagabend begannen wir mit einer Nachtwanderung zur Tüschenbroicher Mühle, bei der die Kids ihre Taschenlampen zurück lassen mußten, um sensibel zu werden für den nächtlichen Wald, die Geräusche und die andere Eindrücke.

 

Das Räuberspiel
Am nächsten Morgen spielten wir das „Räuberspiel“. Dazu teilte sich die Gruppe in drei Räuberbanden auf. Eine jede trug Bänder in ihrer Farbe – rot, grün, und blau. Die Banden liefen los nach Wegberg-Watern, wo an drei Stellen geheime Informationen versteckt waren. Dort erfuhren sie welche der anderen beiden Banden sie fangen durften. Sie mußten nun versuchen, die Bänder der anderen zu rauben. Wurde ein Räuber gefangen und seines Bandes beraubt, so wechselte er in die Bande, die ihn gefangen hatte. Wurde sogar der Räuberhauptmann gefangen, so löste sich die ganze Bande auf.

 

Wer pfuscht gewinnt?
Letztendlich hatte am Ende des Spiels jede Räuberbande irgendwie einmal die Spielregeln gebrochen. Die einen hatten das Spielgebiet verlassen, die anderen hatten sich getrennt und die nächsten hatten heimlich wieder ihre alten Bänder angezogen. So meinten die Kids, da alle Gruppen gepfuscht haben, hätten nun auch alle gewonnen. Naja, wir Leiter waren anderer Meinung, aber die Jungpfadfinder hatten uns überstimmt.

 

Deeskalationstraining
Am Nachmittag begannen wir mit dem Deeskalationstraining. Wir haben uns dabei an Konzepten des „AK Gewalt“ des DPSG Diözesanverbandes Aachen und an Materialien von SOS Rassismus orientiert. Einen aktuellen Anlaß gab es leider auch. Am Wochenende zuvor waren die Juffis während eines Bezirksspiels in der Rheydter Innenstadt von Jugendlichen angemacht worden und schließlich geschlagen und getreten worden.

 

Das Elefantenspiel
Wie soll man sich in so einer oder ähnlicher Situation verhalten? Das fragten die Juffis.

Über verschiedene Spiele und Übungen haben wir zunächst versucht zu definieren, wo man auf Gewalt stößt und was Gewalt überhaupt ist. Dazu haben wir das Elefantenspiel ausprobiert, bei dem die zentrale Frage war, ob man bei einem solchen Spiel auf Gewalt verzichten kann.

Dazu wurde die Gruppe aufgeteilt in eine Elefantengruppe (12 Kinder) und eine Angreifer- oder Jägergruppe (5 Kinder). Während die Jäger zunächst mit einem Leiter hinaus gingen, sollten sich die Elefanten so aneinander klammern, dass aus den Elefanten eine in sich geschlossene Einheit wird. Die Jäger hatten dann die Aufgabe, die Elefantengruppe wieder zu trennen.

Zuvor wurde mit den Jägern draußen vereinbart, dass niemanden Gewalt angetan wird (keinem weh getan wird). Bei diesem Spiel ging es nämlich nicht darum, mit allen Mitteln die Elefanten zu trennen, sondern auszutesten, wieviel Kraft sich die Elefanten sich gefallen lassen. Wenn die Jäger feststellen, dass sie jemanden weh tun, weil sie zu fest ziehen – und sie nicht loslassen – dann sollen sie sich ein neues Opfer suchen.

Beim ersten Versuch stellte sich (wie erwartet) nach wenigen Minuten heraus, dass dennoch Gewalt angewandt wurde. Wir brachen das Spiel ab, reflektierten wo Gewalt benutzt wurde, was die Elefanten unangenehm empfanden und stellten schließlich Regeln auf, was beim Spiel nicht geschehen dürfe. Dann versuchten wir es erneut. Auch der zweite Versuch „mißlang“. Wir analysierten das geschehen erneut und starteten einen weiteren Versuch. Nach einigen Versuchen stellten wir fest, dass inzwischen zwar erheblich weniger Gewalt angewandt wurde, als beim ersten Durchlauf, aber dennoch irgendwie immer noch Gewalt (wenn auch nur vereinzelt) auftrat. Es wurde klar, dass wir dieses Spiel noch lange hätten spielen können, bis wir endlich zu einer gewaltfreien Lösung gelangen würden.

Nach dem Spiel sprachen wir mit den Jungpfadfindern darüber, wo sie in ihrem Alltag Gewalt begegnen. Es war erstaunlich viel, was die Kinder zu berichten hatten, wo ihnen selbst Gewalt widerfahren war oder sie Zeugen von Gewalttaten wurden. Besonders an den Schulen begegnen sie häufig Gewaltsituationen.

 

Das Außenseiterspiel
Dann haben wir versucht, die Jungpfadfinder zum Wahrnehmen von Gewalt zu sensibilisieren. Dazu haben wir zunächst das Außenseiterspiel gespielt. Hierbei ging es darum, nach zu vollziehen, was ein „Außenseiter“ erlebt, wie er sich dabei fühlt und wo er ggf. dabei Gewalt erfährt. Dazu wählten wir zunächst jemand aus der Gruppe aus, der über ein ausgeprägtes Selbstbewußtsein verfügt. Dieser war in dem Spiel der „Außenseiter“. Der Rest der Gruppe spielte „Treffen, Begrüßen, Unterhalten“ – d.h. alle Gruppenmitglieder gingen durch den Raum, schütteln die Hände, begrüßen und unterhalten sich. Der „Außenseiter“ ging ebenfalls durch den Raum und versuchte mit den anderen in Kontakt zu kommen. Sobald er es schaffte, eine Hand zu schütteln oder ein Gespräch zu führen, hatte er gewonnen. Die Gruppenmitglieder sollten jeden Kontakt abwehren und dem Außenseiter ausweichen. Wenn sie das schaffen, haben sie gewonnen.

Leider klappte das Spiel nicht, da ein Jungpfadfinder allzu schnell auf die Versuche des Außenseiters einging, so dass nicht genug „Stoff“ blieb um die Situation zu reflektieren.

 

Der Kleinste ist der Stärkste
Dann folgte eine Übung namens „Menschen (er)tragen“. Diese Übung begann mit der Frage, wieviel Kinder ein Kind (er)tragen kann. Wir begannen zunächst damit, eine Person zu tragen. Dann erhöhten wir Schritt für Schritt die Anzahl. Ab drei, vier Personen wurde es dann schwierig – die Jungpfadfinder überlegten sich, wie sie die Leute tragen sollten.

Bei dieser Übung ging es darum, sich selbst auszuprobieren, wie „stark“ man ist. Letztendlich hatte man mit bloßer Kraft allein keine Chance. Der vermeintlich schwächste Juffi trug schließlich beinahe die meisten Personen (fünf!). Das lag an der Technik. Hierbei entwickelte sich ein Gefühl für Verletzlichkeit und Stärke.

Es gibt keine Patentlösung
Zum Schluß haben wir dann noch Wege gesucht, wie man dann mit Gewalt umgehen soll, wenn man tatsächlich betroffen ist. Wir suchten Möglichkeiten, wie man Gewalt verhindern oder schlichten kann. Am Ende mußten wir feststellen, dass es keine „Patentlösung“ für Gewaltsituationen gibt. Es gab bei allen Ideen stets noch Zweifel und Bedenken.

 

Theorie besser als Praxis
Am Samstagabend reflektierten wir das Deeskalationstraining. Dabei stellte sich erstaunlicherweise heraus, dass die Juffis die „Theorie“ (Diskussionen und Analysen) spannender fanden als die „Praxis“ (Spiele und Übungen).

 

Ein Zeichen setzen
Zum guten Abschluß des Wochenendes fuhren wir dann am Sonntag noch nach Aachen um dort das Friedenslicht abzuholen. So wollten die Juffis ein Zeichen für den Frieden und gegen Gewalt setzen. Das Licht haben die Juffis dann eine Woche später auch in die Kinderchristmette von St. Josef Rheydt getragen.

 

Achim Köhler
Jungpfadfinderleiter im DPSG Stamm Scheuburg, Mönchengladbach-Rheydt,
DPSG-Diözesanvorsitzender