Gedenktage in Liedberg

Die 1000-Jahr-Feier

Der Tod der Pfadfinder im Felsenkeller

Wenige Fußstunden von Düsseldorf zeigt sich an der alten Heerstraße von Neuß zum Maastal aus der weiten Ebene eines (…) Landes ein einsamer Bergkegel, aus dessen Bewaldung die barocke Haube des alten Schlosses Liedberg herausragt, des Stammsitzes der ehemaligen Grafen zu Liedberg. Liedberg dankt seine Bedeutung in der linksrheinischen Geschicht seiner eigenartigen Lage, die schon von den Römern als strategischer Stützpunkt frühzeitig erkannt wurde. Im Frankenreich wurde Liedberg einer der wichtigsten (…). Erst als Schloß und Land unter den Krummstab gebeugt wurden, verlor es seine Vormachtstellung immer mehr. Im jülich-klevischen Erbfolgestreit, im Truchsessischen Krieg und im nachfolgenden Dreißigjährigen Krieg war Liedberg der Zankapfel vieler streitenden Parteien. Was an Macht diese Wirren überstand, ging unter in der Franzosenzeit; mit ihr hatte die tausendjährige Herrlichkeit zu bestehen aufgehört.
Einsam und doch von verhaltenem Stolz thront die alte Burg wie ehedem den (…) die Jugend barg dieser Berg einen besonderen Anziehungspunkt: Den Felsenkeller am Nordabhang des Schlosses. Ihn umschwebte der seltsame Zauber des großen Unbekannten. Von weit und breit kamen die Jungen, in denen romantischer Sinn und abenteuerlicher Hang lebhaft waren, herbeigezogen, um durch die Gänge zu kriechen, tief in den sagenhaften Berg hinein. So zog auch zur Sonnenwendfeier 1930 eine Schar Düsseldorfer Pfadfinder hinaus; sie lagerten vor dem Eingang zu Felsenkeller und sangen ihre Lieder. Das Julfeuer brannte zur Neige, in seinem letzten Schein gruben die Jungen den halbverschütteten Gang Eingang auf, und dann hebt die Reise in das Dunkel an. Es sind ihrer 16, die dicht aufeinander folgend durch den weißen Sand kriechen zu einer großen unbekannten Höhle. Eine unheimliche Stille liegt über der kleinen Gruppe.. Dann legen sie Spaten an, um eine Urkunde zu vergraben. Plötzlich kommt Bewegung in den Berg, noch ehe die Jungen sich retten können, löst sich ein gewaltiger Sandstein aus dem Gehang und begräbt vier Jungen unter sich. Qualvolle Schreie hallen in dem dunklen Raume wider. Eine der Verunglückten ziehen die Kameraden mühsam unter der schweren Last hervor, drei andere sind nicht zu retten. Man alarmiert die Feuerwehr, die nach zweistündiger härtester Arbeit einen der Toten bergen kann. Die beiden anderen hält der Berg gefangen in seinem dunklen Reich.
Heute ist die Stelle vor dem Eingang zum Felsenkeller, der von der Polizei zugeschüttet wurde, eine Grabstätte, die ein schmuckloses Gitter einfasst. Dicht unter dem hängenden Gestein, umschattet von hohen Bäumen, steht ein dunkles Kreuz, das die Namen der drei Pfadfinder trägt. Am 22. Juni beginnen in Liedberg die Festlichkeiten zur Tausendjahrfeier. Tausende aus der Umgebung werden sich an Festzug und Festspiel erfreuen. Ein seltsames Geschick hat es gewollt, dass sich am gleiche Tage zum fünften Male das furchtbare Unglück jährt, das drei blühende Menschenleben vernichtete.

Quelle: Zeitungsbericht von 1935

Archiv des DPSG Stammes Scheuburg

Mit herzlichen Dank an Heinz Nieveler aus Jüchen für die technische Bearbeitung und das Digitalisieren der historischen Dokumente!

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