Das Unglück in Liedberg

Zum Jahresgedächtnis und zur Denkmal-Einweihung am 21. Juni 1931

Es war vor einem Jahr an einem Samstag-Nachmittag, als 16 junge Pfadfinder vom Horst Schinderhannes hinauszogen nach Liedberg. Spät abends kamen sie dort an. Es sollten einige verpflichtet werden [Anm. Achim Köhler: Aufnahme in die Gruppe]. Um dieses nun recht feierlich durchzuführen, fasste man den Entschluss die Nacht in der Höhle zu verbringen.

Schnell wurde der Eingang erweitert! Einer nach dem andern kroch hinein. In einem geräumen Felsenkeller angekommen, las man die Urkunde feierlich vor. Als nun der Weiheakt der Verpflichtung vorüber war, legte man sich zum schlafen nieder. Alle dicht beieinander. Dumpf dröhnte es vom [späteren] Einsturzgebiet herüber. Man sang um sich so das Gruseln zu vertreiben. Plötzlich, es mochte gegen 4 Uhr morgens sein, stürzte mit einem dumpfen Getöse ein Felsblock von ungefähr 200 Zentner hinab, unter sich 3 junge Menschenleben begrabend. Das Kerzenlicht erlosch bis auf eins, welches in einer Nische stand und gespensterhaft einen matten Schein auf das Totenantlitz unsere jüngsten Kameraden warf. Die andern packte das Grausen. �Raus! Raus!� schallte es durch die totenstille Höhle. Da hörte man noch einen Schrei�und gewahrte unter dem Felsblock noch einen vierten Kameraden. Ihm hatte glücklicherweise der Felsblock nur die Beine bis an den Oberschenkel begraben. Er war knapp dem Tode entronnen. Da zeigte sich die echte Kameradschaft. Alles blieb. Man befreite den vierten Kameraden. Von den andern war nichts zu sehen. Man suchte sich den Ausgang.- Wirr liefen die Gänge durcheinander. Verirrt!!!

Endlich nach langem Suchen sah man in der Ferne das Tageslicht schimmern man hatte ihn gefunden.

Die ersten welche rauskamen alarmierten die freiwillige Feuerwehr. Eilig krochen die Feuerwehrmänner in das Innere der Höhle.

Banges Warten da draußen. Endlich trug man unseren Jüngsten Kameraden hinaus. Welch ein Anblick: Der Brustkorb war eingedrückt, die Augen verdreht, das Gesicht blau und angeschwollen. Als man ihn niederlegte entrang sich ein letzter Seufzer von seinen Lippen. Er hatte aufgehört zu leben.

Die andern konnte man leider nicht bergen. So liegen sie denn noch heute im Felsenkeller von Liedberg.

Diese Geschichte kam uns allen wieder in Erinnerung, als wir am Sonntag; dem 21. Juni vor dem Denkmal der Höhle standen. Mit uns hatten sich noch 1300 Pfadfinder aller Bünde und aus allen umliegenden Städten eingefunden um den Todestag unserer Kameraden, der sich mit diesem Tage jährte, zu ehren.

Wir werden unsere lieben Kameraden nie vergessen und immer daran denken, dass sie für den Verein lebten und starben.

Quelle: „Der Schinderhannes“, Monatsheft des Pfadfindervereins „Schinderhannes“, No. 1 Juli 1931

Archiv des DPSG Stammes Scheuburg

Mit herzlichen Dank an Heinz Nieveler aus Jüchen für die technische Bearbeitung und das Digitalisieren der historischen Dokumente!

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